Inside: „Jogginghosen-kartell“
von Kans Hormoran
Kleider machen Leute hat der Grönemeyer Herbert einmal
gsagt. Und im gesellschaftlichen Kontext hat er da sicher recht ghabt. Weil
wenn dir jetzt zum Beispiel ein Nerz im Gnack sitzt, so als ein toter, und du
damit ins Wirtshaus gehst, dann werden die Leute, welche dich am Weg dorthin
sehen, sagen: „Schau sich einer nur diese feine Person von Mensch an, wie sie
da mit dem Pelzmantel im Wirtshaus sitzt!“
Die Person, also die mit dem Nerz wird sich deswegen
auch so fühlen, so erhaben, so fein, möglicherweise auch so gescheit. Weil es
gehört ja schon einiges dazu so einen Nerz dazu zu bringen sich einer Person so
anzunähern. Das sind ja gescheite Viecherl, die Nerze. Aber in dem Text soll es
ja nicht um die Nerze gehen, sondern eher um´s Polyester.
Der Polyester ist Anfang des 20. Jahrhunderts in die
Kleiderschränke unserer Gesellschaft eingezogen. Historiker sprechen hier von
der Polyesterrevolution. Da hat man nach einem Stoff, nach einer Textilfaser
gesucht die elastisch ist, weich und sich leicht elektrostatisch aufladen
lässt. Man ist fündig geworden. In der Gegenwart findet diese synthetische
Textilfaser quer durch alle Gesellschaftsschichten regen Zulauf. Aber wie fühlt
man sich als Mensch, wenn man zum Beispiel eine Jogginghose von Adidas ala` El
Chapo trägt? Was für ein Bild erzeugt man, wenn man damit im Wirtshaus sitzt
und was sind die Beweggründe dies zu tun?
Hier gilt es mehrere Aspekte zu beachten! Ein Alaba David wird sie tragen, die Jogginghose, weil das ja quasi seine Uniform und Arbeitskleidung ist, wenn man so will. Sie sieht ja auch fetzig aus, so eine Jogginghose. Man weiss heute zum Beispiel nicht mehr was zuerst war? Die berühmten drei Streifen von Adidas oder die ebenso nicht minder berühmten Rally-Streifen auf dem ein oder anderen übermotorisierten Vehikel? Da sag ich jetzt nur Ford Mustang und Dodge Viper aber wer schon einmal die 24 Stunden von Le Mans gesehen hat wird ohnehin wissen wovon ich spreche. Aber Wurscht ob auf der Hose oder am Auto, die Streifen verkörpern das gleiche Prinzip von Geschwindigkeit, Kraft und Bewegung, und wer will diese Prinzipien nicht nach außen tragen? Genau Niemand!
Jetzt ist das Gegenteil von Beschleunigung aber
Entschleunigung und auch da spielt die Jogginghose in der Oberliga. Man stelle
sich einen gemütlichen Fernsehabend mit seinem Lebenspartner vor. Im
Videorecorder liegt die DVD von „Fast and the Furious Tokio Drift“, die Popcorn
knacken in der Mikrowelle und die Coke ist wohl gekühlt im Eisschrank. Alles
richtig entspannt und entschleunigt. Nur was trägt man zu so einem Abend auf
der Couch? Natürlich wieder eine Jogginghose. Wer jetzt sagt: „Nein, das stimmt
nicht, ich trage immer die Jeans, wenn ich mich mit meinem Lebenspartner auf der
Couch sitze!“, dem sage ich nur ala` Lagerfeld Karl: „Du hast die Kontrolle
über dein Leben verloren!“
Das ist ja sowieso das aller Wichtigste im Leben. Die
Kontrolle. Also wenn man sich selbst entscheidet oder kontrolliert wie man zum
Beispiel in die Arbeit geht. Da mein ich jetzt nicht ob man motiviert oder
unmotiviert in die Arbeit geht, weil das sollte einen ohnehin nicht tangieren,
wenn man nicht gerade Selbstständig ist und ein „Start-Up“ gegründet hat.
Nein. Damit meine ich vielmehr was man anzieht. Man
stelle sich also vor, der Wecker, die dumme Sau, läutet frühmorgens um 05:30
Uhr, man will aber lieber im Bett bleiben als an die Börse zu fahren zum
Aktienhandel. So spontan Urlaub zu nehmen geht nicht, da würde der Chef wieder
ausflippen wie der Delfin in dem Film „Flipper“. Krankenstand ist auch keine Option
mehr, weil man letztes Wochenende eh schon gesoffen hat wie der haushohe
Motorblock von einem Kreuzfahrtschiff das Schweröl, und am Montag dann beim
Hausarzt war mit der Bitte er möge einen doch befreien von der Grippe, die
gerade umgeht.
Übrig bleiben zwei Möglichkeiten. Entweder man bleibt
liegen und scheißt drauf. Dann wird man zwar beruflich kentern wie einst der
Schettino Francesco mit seiner Concordia Costa. Die Kinder, kann man sich
denken, werden eh auf der Straße was zum fressen finden. Oder, und nun der weit
verbreitete Profitrick, man zieht sich die Jogginghose aus dem Kleiderschrank
heraus und dann an, steckt sich einen Orbit Kaugummi extra Fresh in den Mund
statt dem Zähneputzen und verlässt „slow-life“ mäßig sein Zuhause in Richtung Wall-Street.
Der Körper, und das ist wissenschaftlich, merkt den Unterschied zwischen Bett
und Jogginghose nämlich kaum.
Diesen Trick kann eigentlich jeder arbeitende und
nicht arbeitende Mensch schnell anwenden. Ob zum AMS oder eben an die
Wall-Street macht hier keinen Unterscheid mehr. Aufpassen müssen nur
Feuerwehrleute und die von der VOEST in Linz, weil das Polyester halt gern und
schnell schmilzt wenn’s wo brennt und heiß ist.
Weil wir gerade beim Thema sind, es kann auch passieren das man im Wirtshaus den ewig Gestrigen trifft der einem dann sagt: „Na ob die Jogginghose hier zu dem Anlass das Richtige ist weiss ich nicht, man muss sich schon immer adäquat anziehen!“ Ich antworte dann immer mit einer Gegenfrage, und man kann mich gerne zitieren, wenn sich einmal einer in so einer Situation wiederfindet! Und zwar schaue ich dann ernst und frage: „Sind die Tyrannosaurier nicht schon längst ausgestorben? Sie Fossil, Sie!“ Da hat es sich meistens mit der Diskussion, weil er ewig Gestrige dann nachdenkt und draufkommen wird, dass zum Beispiel ein Cuba ohne Castro Fidel im Jogginganzug nicht das Cuba wäre, welches es heute ist. Nämlich ein Cuba ohne Castro Fidel im Jogginganzug, und das will sich wirklich keiner vorstellen, nicht einmal der ewig Gestrige, dieses Arschloch!
Für eine Zukunft in der das Erdöl nur noch für das
„Gwand“ heraufgepumpt wird!
KANS HORMORAN