And why does this feel like drowning?

von Ella Federmair

Wien ist anders. So schnell, so laut, so viel. Ich öffne die Haustüre des Altbaus dessen längst fällige Renovierung eher passiv als aktiv im Gange ist. Bauarbeiter, ein Mann mit Hund, ein weiterer, ein Kinderwagen. Von links nach rechts die Bim nach Neuwaldegg, umgekehrt zum Schottentor. Menschen im Laufschritt kreuz und quer und möglichst schnell über die doch sehr befahrene Hauptstraße, die durch 1170 führt. Vermutlich nicht mal in der Hoffnung nicht vom nächsten Auto oder Fahrrad überfahren zu werden, der Fokus liegt eh auf der Bim die schon in Sichtweite ist und genau jetzt fährt. Auch in 2 Minuten, denke ich. Und in 4. Und wahrscheinlich auch in 5, 6 und 8 oder so. ‚And why does this feel like drowning?‘, Gavin James in meinen Ohren. Ja, warum?

Ich beschließe, heute nicht einzutauchen in dieses Chaos, sondern bewusst hinzusehen. Ich nehme den täglichen Wahnsinn unter die Lupe. Nur dabei anstatt mitten drin, um 7 Uhr 30 am Montagmorgen. Unzählige Menschen quetschen sich in die eh schon vollgestopfte Bim Richtung Schottentor (Anm.: beim Schottentor ist die Uni, beliebtes Ziel also, scheinbar auch am Montagmorgen).

Ich beobachte, wie sich Menschen von A nach B hetzen, hauptsächlich in ihr Handy starrend. Unzählige Einflüsse, eine einzige Reizüberflutung, die die Zeit bietet. Alles wird mehr und immer schneller – gehen, nein laufen, lesen, antworten, reden. Atmen. Gleichzeitig, um letztendlich 2 Minuten schneller anzukommen, oder eben dann doch nicht, weil durch das Gedränge eh alles viel langsamer geht.

Jetzt glaube ich, dass Wien doch nicht anders ist, sondern wir Menschen. Wir erfinden ein System, das genau darauf abzielt, immer mehr zu erreichen. Und schneller. Um die 24h des Tages möglichst auszufüllen, mit allem was geht. Mehr Technologien, mehr Hilfsmittel, mehr.

Und während ich anderen bei dem Versuch zusehe,180 Sekunden in 60 vorhandenen unterzubringen, merke ich wie mich dieses Bewusstsein zur Ruhe kommen lässt. Es ist nicht das Leben, das zu schnell ist, sondern wir Menschen, die dieses zu schnell machen. Wir lassen es vorbeiziehen, ohne nachzudenken was der Moment eigentlich mit sich bringt. Ohne Bewusstsein, ohne Ruhe, ohne Achtsamkeit. Ohne Jetzt. Es stimmt mich zufrieden, dass ich am Montagmorgen um 7 Uhr 32 in dem Trubel der Außenwelt gelassen sein kann und ich anstatt mich in den Bann der Schnelligkeit ziehen zu lassen, mich mit den Lyrics meiner ‚spring feels’ Playlist beschäftige (passend zum Frühlingswetter mit mehr Regen als Sonnenschein). Trotz 520 unruhigen, hetzenden Menschen rund um mich. Wieso habe ich nicht früher begonnen, meinen Blickwinkel zu verändern?

‚Cracks won’t fix and the scars won’t fade away‘ (Gavin James, noch immer). Das stimmt. Was gestern war hat mich geprägt, aber ich weiß jetzt, dass ich nicht mehr Mitlaufen muss. Und ich anstatt in einem Meer von Reizen zu ertrinken (engl. drowning) einfach in meiner eigenen Welt langsam und befreit fliegen kann. Jetzt!